Die Steuererklärung wird oft als lästige Pflicht angesehen, dabei bietet sie enormes Sparpotenzial. Im Durchschnitt erhalten Steuerzahler in Deutschland eine Rückerstattung von etwa 1.051€. Mit den richtigen Strategien können Sie diese Summe deutlich steigern. Hier sind die wichtigsten Steuertipps für 2024.
1. Werbungskosten optimal nutzen
Jeder Arbeitnehmer erhält automatisch eine Werbungskostenpauschale von 1.230€. Alles darüber hinaus müssen Sie nachweisen, reduziert aber direkt Ihr zu versteuerndes Einkommen.
Homeoffice-Pauschale
Seit 2023 können Sie 6€ pro Homeoffice-Tag absetzen, maximal 1.260€ pro Jahr (210 Tage). Das gilt auch ohne separates Arbeitszimmer!
Beispiel: Bei 3 Tagen Homeoffice pro Woche kommen Sie auf etwa 156 Tage × 6€ = 936€
Arbeitsmittel
Alles, was Sie beruflich benötigen, können Sie absetzen:
- Computer und Laptop: Bis 800€ (netto) sofort absetzbar, darüber verteilt auf 3 Jahre
- Software: Beruflich genutzte Programme (z.B. Microsoft Office)
- Fachliteratur: Bücher, Zeitschriften, Online-Kurse
- Büromöbel: Schreibtisch, Stuhl, Regal
- Arbeitskl eidung: Nur typische Berufskleidung (z.B. Arztkittel, nicht Anzug)
Fahrtkosten zur Arbeit
0,30€ pro Kilometer für die einfache Strecke (nicht Hin- und Rückweg!). Ab dem 21. Kilometer sogar 0,38€.
Beispiel: 25 km Arbeitsweg, 220 Arbeitstage:
20 km × 0,30€ + 5 km × 0,38€ = 7,90€ pro Tag
× 220 Tage = 1.738€ absetzbar
Weitere absetzbare Werbungskosten:
- Bewerbungskosten (Porto, Fotos, Fahrten zu Vorstellungsgesprächen)
- Fortbildungskosten (Seminare, Kurse, Konferenzen)
- Arbeitszimmer (bei ausschließlicher beruflicher Nutzung)
- Kontoführungsgebühren (Pauschale 16€)
- Gewerkschaftsbeiträge
2. Sonderausgaben clever einsetzen
Altersvorsorge
2024 können Sie bis zu 27.566€ (Ledige) bzw. 55.132€ (Verheiratete) für Altersvorsorgebeiträge absetzen:
- Gesetzliche Rentenversicherung
- Rürup-Rente (Basisrente)
- Berufsständische Versorgungswerke
Riester-Rente
Bis zu 2.100€ pro Jahr absetzbar plus staatliche Zulagen:
- Grundzulage: 175€ pro Person
- Kinderzulage: 300€ pro Kind (geboren ab 2008)
Kranken- und Pflegeversicherung
Beiträge zur Basis-Krankenversicherung sind voll absetzbar. Das Finanzamt berücksichtigt dies meist automatisch.
Spenden
Bis zu 20% Ihres Gesamtbetrags der Einkünfte können Sie für Spenden absetzen:
- Gemeinnützige Organisationen
- Kirchen und religiöse Gemeinschaften
- Politische Parteien (bis 1.650€ / 3.300€)
3. Außergewöhnliche Belastungen
Kosten, die Ihnen zwangsläufig entstehen und Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen:
Krankheitskosten
- Zuzahlungen zu Medikamenten und Behandlungen
- Brille, Zahnersatz, Hörgeräte
- Fahrten zu Ärzten und Therapien
- Alternative Heilmethoden (mit Attest)
Wichtig: Erst ab Überschreiten der zumutbaren Belastung (1-7% des Einkommens) wirksam.
Pflegekosten
- Kosten für Pflegeheim
- Häusliche Pflege
- Kurzzeitpflege
Haushaltsnahe Dienstleistungen
20% der Kosten, maximal 4.000€ pro Jahr für:
- Reinigungskräfte
- Gartenpflege
- Winterdienst
- Haushaltshilfe
Handwerkerleistungen
20% der Lohnkosten, maximal 1.200€ pro Jahr für:
- Renovierungen
- Reparaturen
- Wartungsarbeiten
- Schornsteinfeger
Wichtig: Nur bei Zahlung per Überweisung (nicht bar!) und nur Arbeitskosten, keine Materialkosten.
4. Kinder steuerlich berücksichtigen
Kindergeld vs. Kinderfreibetrag
Das Finanzamt prüft automatisch, was günstiger ist:
- Kindergeld: 250€ pro Monat für das erste und zweite Kind
- Kinderfreibetrag: 6.384€ (2024) pro Kind und Jahr
Kinderbetreuungskosten
Zwei Drittel der Kosten, maximal 4.000€ pro Kind unter 14 Jahren:
- Kindergarten, Kita, Hort
- Tagesmutter
- Hausaufgabenbetreuung
Nicht absetzbar: Verpflegung, Sport- und Freizeitaktivitäten
Ausbildungsfreibetrag
924€ pro Jahr für Kinder ab 18 in Ausbildung, die auswärts wohnen.
5. Besondere Lebenssituationen nutzen
Umzug aus beruflichen Gründen
Pauschale für Ledige: 886€, für Verheiratete: 1.772€ plus:
- Maklergebühren
- Transportkosten
- Doppelte Mietzahlungen
Scheidungskosten
Anwalts- und Gerichtskosten können als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden (bis zu einem gewissen Grad).
Erstausbildung
Kosten für die erste Ausbildung oder das Erststudium bis 6.000€ als Sonderausgaben.
Zweite Ausbildung/Studium
Bei zweiter Ausbildung oder Master nach Bachelor: Kosten als Werbungskosten in voller Höhe absetzbar (Verlustvortrag möglich!):
- Studiengebühren
- Fachliteratur
- Arbeitsmittel
- Fahrten zur Uni
- Zimmer am Studienort
6. Vergessene Abzugsmöglichkeiten
Pauschbeträge ohne Nachweis
- Behinderten-Pauschbetrag: 384€ - 2.840€ je nach Grad
- Pflege-Pauschbetrag: 924€ - 1.800€
- Hinterbliebenen-Pauschbetrag: 370€
Kapitalerträge optimieren
Nutzen Sie den Sparerpauschbetrag von 1.000€ (Ledige) bzw. 2.000€ (Verheiratete) durch Freistellungsauftrag bei Ihrer Bank.
Kirchensteuer
Gezahlte Kirchensteuer ist als Sonderausgabe absetzbar.
7. Digitale Helfer nutzen
Moderne Steuersoftware macht die Erklärung einfacher:
- ELSTER: Kostenlos vom Finanzamt
- WISO Steuer: Benutzerfreundlich mit Tipps
- SteuerGo: Online-Lösung
- Taxfix: App für einfache Fälle
8. Fristen beachten
- Ohne Steuerberater: 31. Juli für das Vorjahr (bei Abgabepflicht)
- Mit Steuerberater: Verlängerung bis Ende Februar des übernächsten Jahres
- Freiwillige Abgabe: 4 Jahre rückwirkend möglich
Beispielrechnung: So viel können Sie sparen
Musterperson: Angestellte/r, 45.000€ Bruttoeinkommen
- Homeoffice-Pauschale: 1.260€
- Fahrtkosten (15 km): 990€
- Arbeitsmittel (Laptop, Bürostuhl): 800€
- Fortbildung: 500€
- Riester-Rente: 2.100€
- Spenden: 300€
- Handwerker: 600€ (= 120€ Steuerermäßigung)
Zusätzlich absetzbar über Pauschale: 4.320€
Steuerersparnis bei 30% Grenzsteuersatz: ca. 1.416€
Plus Steuerermäßigung Handwerker: 120€
Gesamtvorteil: 1.536€
Die wichtigsten Tipps zusammengefasst
- Sammeln Sie alle Belege das ganze Jahr über
- Nutzen Sie die Homeoffice-Pauschale konsequent
- Vergessen Sie Fahrtkosten nicht
- Setzen Sie Arbeitsmittel sofort ab
- Investieren Sie in Altersvorsorge (steuerlich gefördert)
- Bewahren Sie Handwerkerrechnungen auf (nur Überweisung!)
- Prüfen Sie haushaltsnahe Dienstleistungen
- Nutzen Sie Pauschbeträge auch ohne Nachweise
- Geben Sie die Steuererklärung ab, auch wenn nicht verpflichtet
- Bei Unsicherheit: Steuerberater kann sich lohnen
Fazit
Die Steuererklärung ist kein Hexenwerk, sondern eine Chance, Geld vom Staat zurückzuholen. Mit den richtigen Tipps und etwas Vorbereitung können Sie Ihre Rückerstattung deutlich erhöhen. Fangen Sie an, Belege zu sammeln, und nutzen Sie alle legalen Absetzmöglichkeiten. Ihr zukünftiges Ich wird es Ihnen danken!
Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine individuelle Steuerberatung. Bei komplexen Fällen empfehlen wir die Konsultation eines Steuerberaters.
Mehr Finanztipps gewünscht?
Abonnieren Sie unseren Newsletter für monatliche Steuer- und Spartipps!
Jetzt Newsletter abonnieren